DEMNÄCHST IN TEGEL - Zur Vorlesung ins Terminal A

Studentisches Leben wird wenige Jahre nach Schließung des Flughafens Tegel das Areal bestimmen. Nachnutzer wie die Beuth Hochschule oder die Berliner Feuerwehr setzen auf Berlin TXL
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Die 2500 Studierenden der Beuth Hochschule sind eingezogen, das zentrale sechseckige Terminal A ist jetzt ein attraktiver, offener Campus mit Hörsälen und Seminarräumen. Wo früher schnelles Einchecken nach Köln, London oder Rom angezeigt war, tummeln sich junge Frauen und Männer in Cafes und auf Bänken. Nach mehr als drei Jahren Sanierungs- und Umbauzeit unter Aufsicht des Denkmalschutzes haben die Berliner ihren alten Flughafen zurück – zumindest in Teilen. Aber in gänzlich anderer Funktion.

Eine Utopie? Mitnichten! Wir sind mit unserer Beschreibung zwar fiktiv im Jahr 2024 und damit ein ganzes Stück in der Zukunft, aber dem aktuellen Zeitplan entsprechend würde die Beuth Hochschule in rund sechs Jahren mit acht Studiengängen ihre Erweiterungsflächen in Tegel mit Leben erfüllen. „2023 oder 2024 ist unser realistisches Ziel“, sagt Prof. Dr. Hans Gerber vom Hochschulpräsidium. Die Vorfreude auf das neue Areal sei sehr groß, gepaart mit großem Frust, da es wegen der Bauverzögerungen am neuen BER-Flughafen und der damit verbundenen längeren Tegel-Laufzeit erst nach einer schier endlosen Wartezeit losgehen könne. Gerber: „Wir haben starken Flächenbedarf, improvisieren an unserem Hauptstandort in Wedding und verschieben unsere Expansion seit Jahren.“ Es ist nicht irgendeine Expansion, denn die Beuth Hochschule nutzt die einmalige Chance einer nahezu perfekten Synthese aus Studieninhalten, neuem Campusgelände und 211 Hektar Projektgebiet. Für Gerber ist es somit auch ein anspruchsvolles „Strategiethema“: Die auf dem Flughafen-Areal geplante Stadt der Zukunft wird inhaltlich ganz besonders von den Studienbereichen Architektur und Energietechnik profitieren können.
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Hans Gerber
Präsidium der Beuth Hochschule:
„Die Vorfreude auf TXL ist groß, der Frust über die Verzögerungen auch“

Bei der Tegel-Projekt GmbH, die seit 2011 Entwicklung und Management der Nachnutzung im Auftrag der Politik vorantreibt, heißt das ambitionierte Vorhaben „Berlin TXL – The Urban Tech Republic“. Mehr als 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter überarbeiten Masterpläne entwickeln die Marke, planen Hochbauten, Radwege – überhaupt jedwede Infrastruktur, die vor allem energetische Pilotprojekte umfasst. Nicht zuletzt gehören die Vorarbeiten für ein riesiges Wohngebiet für rund 10.000 Menschen zum Projekt. Das „Schumacher Quartier“, das von städtischen Wohnungsbaugesellschaften und Genossenschaften umgesetzt werden soll, entsteht auf 48 Hektar in direkter Nachbarschaft.

Mit der „Berliner Feuerwehr- und Rettungsdienst Akademie“ (BFRA) steht ein weiterer Nachnutzer in den Startlöchern, ebenfalls massiv unter Zeitdruck. Die Ausbildungseinheit hat es auf zwei große Hangars abgesehen, in denen momentan noch Flugzeuge gewartet werden. „Diese Hallen sind ideal für uns“, sagt Dr. Karsten Homrighausen, seit August Landesbranddirektor. Ideal, um zum Beispiel an der Realität ausgerichtete Unfall- oder Brandszenarien in nachgebauten Häusern zu trainieren.
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K. Homrighausen
Landesbranddirektor:
„Unsere Situation in Berlin ist mehr als angespannt“

„Unsere Situation in Berlin ist mehr als angespannt.“ Man brauche in der wachsenden Stadt nicht nur immer mehr Frauen und Männer für die Feuerwehr, diese müssten auch ständig aus- und weitergebildet werden. Zurzeit geschieht das auf engem Raum noch in Schulzendorf. Rund 10.000 Fachkräfte werden dort pro Jahr geschult. In den Tegel-Hangars hätte die BFRA vorzügliche, vor allem auch qualitativ gute Erweiterungsmöglichkeiten.

Das wird dauern. Zunächst muss die Politik viele Millionen Euro bereitstellen, um die zeitgemäße Aus- und Weiterbildung für Berufsfeuerwehr, Ehrenamtliche und Notfallsanitäter zu finanzieren. „Am liebsten sofort“ würde Homrighausen mit seinen Teams rund um die Hangars loslegen, realistisch frühestens ab 2022. Wenn die letzten Flugzeuge von TXL abgehoben haben, hat die Feuerwehr allerdings sofort eine Lücke zu schließen: Sie muss in Gebäuden der Flughafenfeuerwehr, die auf den BER umzieht, die lokale Versorgung absichern.
Andreas Mühl
Fotos: Tegel Projekt GmbH, Beuth Hochschule, Feuerwehr Berlin, Atelier Loidl

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